Nach Corona-Protest in Zwönitz: Erzgebirger muss doch nicht in Haft
Ein 36-Jähriger war vom Amtsgericht Aue-Bad Schlema wegen des tätlichen Angriffs auf einen Polizisten verurteilt worden. Dagegen legte er Berufung ein, die sich für ihn auszahlt.
Genau 609 Tage hing eine sechsmonatige Haftstrafe wie ein Damoklesschwert über einem Erzgebirger. Er hatte während eines nicht angemeldeten Corona-Protestes am 10. Mai in Zwönitz einen Polizisten angegriffen und getreten.
Am Mittwoch sollte sich bei der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht entscheiden, ob der 36-Jährige tatsächlich einfahren muss oder ob er noch einmal mit einem blauen Auge davonkommt. Das Amtsgericht Aue-Bad Schlema hatte den Mann zu einer Haftstrafe verurteilt, denn er hat bereits neun Vorstrafen auf dem Kerbholz.
Tritt lässt sich schwer leugnen
Aufgrund seiner Krankmeldung ließ der 36-Jährige den ersten Termin der Berufungsverhandlung am 30. August platzen. Diesmal empfing ihn sein Anwalt bereits vor dem Gerichtsgebäude und lotste ihn in den Gerichtssaal. Auch dort übernahm der Verteidiger die Initiative.
Aufgrund der Aussage des Polizisten bereits im ersten Prozess und mehrerer Videos ließ sich der Tritt gegen den Beamten schwer leugnen. Bereits am Amtsgericht hatte sich der 36-Jährige bei dem Beamten entschuldigt. Sein Anwalt argumentierte, dass der Erzgebirger einem anderen Mann, der von den Polizisten festgehalten worden war, helfen wollte: „Dass dies eine falsche Entscheidung war, ist meinen Mandanten jetzt klar. Die Gruppendynamik spielte eine Rolle.“
Wie aufgeheizt die Stimmung auf der Heinrich-Heine-Straße war, sah das Gericht, als die Videos gezeigt wurden. Die Polizisten waren von aggressiven Menschen umringt. Der Tritt eines anderen Mannes gegen einen Beamten löste dann die Übergriffe aus.
Aufgrund der Beweislage beschränkte der Verteidiger seine Berufung auf das Strafmaß und forderte eine neue Strafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Doch sein Mandant war bereits häufiger auf der Anklagebank gelandet und damit vorbestraft. Die Bandbreite reichte vom Drogenhandel über Diebstahl und Hehlerei bis zum Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Die Staatsanwältin erklärte, dass sein Geständnis, die Entschuldigung und der kurze Angriff ohne Verletzung des Beamten für den Angeklagten sprechen würden. Das Gericht schloss sich dem Antrag auf eine Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung an. Als Auflage muss der Erzgebirger 1000 Euro an den Polizeisportverein Chemnitz spenden. Das Urteil ist rechtskräftig.